Grosjean

Mercedes auf der Geraden zu schnell

[24.03.2012] Formel 1

"Beide Autos in Q3 zu haben ist großartig und ich bin wirklich zufrieden, in meinen beiden ersten Rennen zweimal in die Top-10 gekommen zu sein", freute sich Romain Grosjean am Samstag nach seinem sechsten Startplatz in Sepang. Im dritten Freien Training am Vormittag hatte der Lotus-Pilot bereits den siebten Rang belegt. "Das Team hat einen großartigen Job gemacht, um das Maximum aus dem Auto herauszuholen." Am Sonntag erwarte er ein spannendes und interessantes Rennen, in dem er noch weiter nach vorne kommen will. "Das Qualifying ist die eine Sache, das Rennen aber eine ganz andere. Außerdem weiß man hier auch mit dem Wetter nie, was einen erwartet."

Ähnliches dachte sich Grosjean wohl auch in der Früh, als er zusammen mit seinen Mechanikern die nach einem Feuer völlig ausgebrannte Lotus-Hospitality vorfand. Auf Grund des Schadens seien viele der dort gelagerten Teamgegenstände nicht mehr zu verwenden - in Sepang heißt es daher: Mit dezimierter Rüstung kämpfen. "Ich habe jetzt nur noch eine Balaclava, zwei Overalls und zwei Sätze Unterwäsche. Der Rest riecht so schlimm, dass man ihn nicht mehr benützen kann", verriet Grosjean. Doch damit nicht genug: "Auch meine ganzen Notizen von gestern und ein paar Trinkflaschen sind weg. Immerhin ist es nichts allzu schlimmes und ich hoffe, dass es das Team somit gar nicht beeinflussen wird."

Feld eng zusammen

Zumindest im Qualifying sah es nach einer starken Performance so aus. "Wir sind nur vier Zehntel hinter der Pole-Position, das ist schon sehr gut. In den Kurven eins und zwei hatte ich ein paar Probleme, da bin ich zwei Zehntel hinter der Zeit von Kimi. Ansonsten hat sich das Auto die restliche Runde aber gut angefühlt, wir sind also in einer guten Ausgangslage für morgen, wollen Punkte holen und dann sehen, wo wir stehen", fasste der Franzose zusammen. "Das Feld ist sehr eng beieinander, der Reifenverschleiß sehr hoch und der Tag sehr lang - also wollen wir einmal abwarten, wie es läuft", meinte Grosjean und verriet: "Alle haben im Qualifying versucht, so viele Reifen wie möglich zu sparen, um morgen noch ein paar gute übrig zu haben."

"Wir müssen aber nach dem Start und dem ersten Stint erst einmal sehen, was wir machen können. Vettel ist auf den harten Reifen, wir anderen sind fast alles auf weich. Wenn er sich darauf nun sehr gut schlägt, werden wir auch relativ bald auf sie wechseln - wenn er Probleme hat, läuft es andersrum", wollte der gebürtige Schweizer den Red-Bull-Piloten zur Standortbestimmung in eigener Sache nützen. Nachdem er zuletzt in Australien nach einer Kollision mit Pastor Maldonado früh ausgeschieden war, hoffte Grosjean: "Hoffentlich läuft der Start diesmal gut - eigentlich ist das ja eine unserer Stärken. Bis zur ersten Kurve ist ein weiter Weg und bis dahin will ich möglichst viele Plätze gutmachen."

Danach hinge alles in erster Linie von den Pirelli-Reifen ab. Diese seien jedoch wiederum stark von den jeweiligen Teams und Autos abhängig, Vorhersagen somit schwierig. "Einige finden zwei oder drei Zehntel, andere mehr als eine Sekunde. Es hängt davon ab, wie man sie zum Laufen bringt - der Verschleiß ist in den meisten Fällen aber so oder so sehr wichtig", sagte Grosjean. Welches Team nun mehr oder weniger von welcher Reifenmischung gespart habe, sei stark abhängig von der jeweiligen Rennstrategie. "Es gab vorab eine lange Diskussion, auf welchen Reifen wir mit Blick auf das Rennen in der Qualifikation fahren würden und das war hier nicht so eindeutig, wie es sonst ist. Immerhin sind wir aber in Q2 nur einen Run gefahren - da haben wir noch einmal weiche Reifen sparen können", sagte der Lotus-Pilot.

Wichtig sei das besonders, da das Training gezeigt habe, dass man auf Grund des starken Reifenabbaus sehr vorsichtig über die Distanz sein müsse. "Sonst beenden wir das Rennen mit sechs oder sieben Stopps", scherzte der Franzose. Bei der Evaluierungsarbeit mit den Pneus habe er Longruns auf den weichen, Teamkollege Räikkönen auf den harten Reifen absolviert. So habe man im Team alle Parameter ganz gut abgedeckt. Auch das Set-Up habe man vorab genau untersucht und im Vergleich zum Training für das Qualifying etwas verändert. "Wir gingen mehr in Richtung Untersteuern - dann kam auch tatsächlich die Sonne raus und das hat uns geholfen, da waren wir auf dem richtigen Weg", freute sich Grosjean, der als Ziel für das Rennen Punkte angab.

Mercedes-System nachbauen

Dass man nun so weit vorne im Feld mitmischen könne, sei schon eine Überraschung. "Ich bin sehr froh, dass es derzeit so läuft. Hoffentlich kommen in den nächsten Rennen noch ein paar weitere Updates dazu, aus denen wir dann noch mehr Leistung ziehen können." Besonders gut sei es, dass man trotz einer ganz unterschiedlichen Streckencharakteristik in Sepang, immer noch so gut sei wie zuletzt in Melbourne. "Das spricht für den fantastischen Job, den das Team gemacht hat - besonders, wenn man bedenkt, was bei den Wintertests passiert ist." Lotus hatte in Barcelona auf Grund eines größeren Problems am Chassis beinahe den kompletten zweiten Test versäumt.

"Das hätte ein Desaster werden können, aber das wurde es nicht. Heute ist das schon fast eine nette Geschichte - wir können wirklich stolz auf das sein, was wir erreicht haben - aber wir müssen auch hart weiterarbeiten." Beim Blick auf die unmittelbare Konkurrenz für das Rennen in Malaysia bereiteten ihm vor allem die Mercedes Sorgen. "Ihre Longruns sahen am Freitag im Vergleich zu denen von Melbourne nicht so schlecht aus. Kniffelig ist natürlich auch, dass sie so eine gute Höchstgeschwindigkeit haben. Für uns ist das ein bisschen unglücklich, denn auf der Geraden sind sie schon sehr schnell", glaubte der Franzose. Für Abhilfe wolle man aber zeitnah sorgen. "Wenn es erlaubt ist, können wir das System hoffentlich schnell kopieren und diese Pace auch mitgehen", meinte Grosjean.

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