Tomczyk

Ein Stück weit eine Genugtuung

[04.10.2011] DTM

Nach Martin Tomczyks vorzeitigen Titeltriumph in Valencia wurde die spanische Nacht in der Audi-Hospitality etwas länger. Gegen halb Drei in der Nacht fiel der frisch gebackene Meister und Nachfolger von Paul Di Resta müde aber glücklich ins Bett. Im elften Anlauf hatte er es geschafft: Endlich die Kritiker Lügen gestraft und sich erstmals zum DTM-Champion gekrönt. "Es wird auch sicher noch ein bisschen dauern, bis ich das alles wirklich realisiert habe", sagt Tomczyk gegenüber dem sid. "Aber wenn man seit mehr als zehn Jahren in der DTM dabei ist, ist einem auch klar, was es bedeutet, Meister zu sein."

Nun könnte man vermuten, dass Tomczyk in der Nähe des Circuit Ricardo Tormo schon einmal die Korken knallen ließ, bevor er am Montag darauf dem Oktoberfest einen Besuch abstattete. Vor allem, da Reifenlieferant Hankook zusätzlich Bier spendierte - in diesem Fall jedoch nicht als Glückwunsch zum Titel, sondern für den besten Boxenstopp im neunten Rennen der Saison. Ein nettes Zubrot für Tomczyk, auch wenn es keinen perfekten Stopp gebraucht hätte angesichts Bruno Spengler, der meist im dichten Verkehr steckte und das dritte glücklose Rennen in Folge erlebte.

Doch Tomczyk verzichtete auf den großen Rausch, hielt sich an der Theke stattdessen auffällig zurück. "Und es war absolut die richtige Entscheidung", ist der gebürtige Rosenheimer überzeugt. "Ich habe alles mitbekommen. Und in einem solch einen Moment wünscht man sich eigentlich, dass die Zeit für immer stehen bleibt." Doch das tut sie nicht - ganz im Gegenteil. In den kommenden Tagen und Wochen steht für den 29-Jährigen wahrscheinlich ein Interview- und Sponsoren-Marathon an - nicht immer angenehm, doch es gibt Schlimmeres. "Es wird sicher manchmal stressig, aber es gehört dazu und man genießt es auch ein Stück weit", meint Tomczyk.

110 Rennen dauerte es, bis der Sohn des ADAC Sportpräsidenten Hermann Tomczyk der Tourenwagenwelt beweisen konnte, dass er zu Höherem fähig ist als einem dritten Platz in der Saison 2007 - und das mit einem Jahreswagen, der den aktuelleren Autos trotz des geringeren Gewichts vermeintlich unterlegen sein sollte - das Gegenteil war der Fall, woran wohl auch Hankook nicht ganz unschuldig war. "Keiner hat mit mir gerechnet", so Tomczyk. "Deshalb ist es auch ein Stück weit eine Genugtuung, in einem Jahreswagen ein Rennen vor dem Saisonende als Meister festzustehen."

Die Hoffnung auf den so lange ersehnten Titelgewinn hatte er im Verlauf seiner Karriere nie aufgegeben, doch gerade vor dem Beginn dieser Saison standen die Vorzeichen nach seiner Zurückstufung schlecht. Altes Auto, neues Team - nicht gerade die besten Voraussetzungen für den Angriff auf den Titel. "Aber man sieht: Auch wenn viele sagen, das wird nichts mehr, muss man sich durchbeißen und dranbleiben. Das habe ich getan, und ich wurde belohnt", stellt Tomczyk mit innerem Vergnügen fest.

Beim großen Saisonabschluss in Hockenheim ist für Tomczyk Ausfahren angesagt - auch für die DTM-Boliden, die nach der Saison gegen neue Coupes eingetauscht werden. Ob und welches Auto der neue Meister in der kommenden Saison mit der Startnummer 1 schmückt, steht unterdessen noch nicht fest. "Nun bin ich Meister, da will ich das erst einmal genießen", sagt er. "Aber wir werden uns sicher in den nächsten Wochen zusammensetzen."

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Foto: Sutton